Bis vor einigen Jahren galt das Archipel um die kapverdischen Inseln noch als Herausforderung für Individualreisende. Zu chaotisch und unzuverlässig war es sich über und vor allem zwischen den Inseln zu bewegen. Doch die Kapverden sind längst in den Fokus des Tourismus gerückt, selbst die Anreise stellt keine Schwierigkeiten mehr dar.
Die Insel Sal
Schon der Anflug auf die nordöstlichste gelegene Insel zeigt was einen erwartet. Das Eiland ist weitestgehend flach und karg. Ungeschützt weht der permanent kräftig Nordostwind über das Land und treibt Sand und Staub vor sich her. Die All-In Resorts reihen sich aneinander wie eine Perlenschnur.
Für Kite und Windsurfer bieten sich erstklassige Bedingungen und trotz des offensichtlich immer mehr werdenden Massentourismus hatten wir nicht das Gefühl das Santa Maria überlaufen ist, der Ort hatte mehr das Flair eines Hippie-Nestes.
Bis auf seine Strände im Süden hat Sal nichts zu bieten. So halten wir uns nicht lange auf Sal auf und Fliegen in den Nordwesten des Archipels weiter.
Die Insel Sao Vicente
Um auf die benachbarte Insel Santo Antao weiter zu reisen, ist ein Aufenthalt in Mindelo meist unvermeidbar. Mindelo ist Hauptort von Sao Vicente und zweitgrößte Stadt der Kapverden mit den entsprechenden großstädtischen Vor- und Nachteilen.
Das Zentrum mit seiner Kolonialarchitektur ist weitestgehend erhalten und an nahezu jeder Ecke findet sich eine Bar in der allabendlich kapverdische Livemusik spielt.
Die Tücken einer Weiterreise nach Santo Antao liegen in der Unberechenbarkeit des Windes in der Meerenge zwischen den beiden Inseln. Sind der Wind und die Wellen zu stark, wird der Fährbetrieb mit den mehr als in die Tage gekommenen Schiffen eingestellt. So hat es auch uns erwischt und wir kommen zu einer unfreiwilligen Verlängerung auf Sao Vicente.
Wir nutzen das Angebot eines Restaurants zum Sonntagsbrunch nach Calhau. Im eigens angeheuerten Aluguer geht es mit sauber herausgeputzten Einheimischen ins Restaurant am Meer. Was uns erwartet ist ein kapverdisches Erste-Sahne Buffet, mit Musik und Tanz, ein einmaliges Erlebnis.
Tags darauf stehen wir wieder am Fährhafen, wollen endlich auf die Nachbarinsel.
Die Insel Santo Antao
Wind und Wellen setzten dem alten Kahn deutlich zu. Die Überfahrt von Mindelo nach zur Insel Santo Antao ist nichts für schwache Mägen.
Direkt nach der Ankunft nehmen wir eines der Sammeltaxis, fahren auf der alten Pflasterstraße ins Gebirge zum Covo-Krater. Hier, am Rand des riesigen erloschene Vulkan, beginnt die erste Wanderung.
Das Bergdorf Fontainhas
Mindelo
Ribeira do Paul
Santo Antao - Wanderung vom Covo Krater in die Ribeira do Paul
Gemächlich, auf einem Fahrweg, geht es bis auf den Grund des Kraters. Nach dem ersten unscheinbaren Dorf beginnt aber bald ein steiler Anstieg, bis der schmale Trampelpfad den Kraterrand erreicht. Passatwolken verhüllen den Pass, es ist kühl und nass. Ein Segen für das unter uns liegende Tal, uns verwehrt der Nebel einen grandiosen Ausblick.
Von nun an führen Serpentinen den steilen Hang hinab, bald wird die Luft wärmer und tropisch, auf den Terrassenfeldern wachsen Zuckerrohr und Bananenstauden.
Die erste Streusiedlung bietet einige der wenigen Unterkünfte im oberen Paul Tal. Wir ergattern ein letztes Zimmer und beenden den kurzen Wandertag.
Santo Antao - Wanderung durch die Ribeira do Paul nach Villa de Pombas
Wir folgen zunächst noch einem schwer zu erkennenden Maultierpfad durch die Streusiedlung und den umliegenden Terrassenfeldern.
Dank der feuchten Passatwolken zeigt sich das Paul-Tal in einem satten Grün, jeder Quadratzentimeter wird intensiv landwirtschaftlich genutzt, die Luft riecht frisch wie die eines tropischen Gartens.
Bald verlassen wir den Trampelpfad, folgen der einzigen Straße hinunter zur Küste. Unterwegs machen wir halt bei Alfred Mandl, dem österreichischen Eremit und Selbstversorger, der uns Geschichten aus seinem bewegten Leben erzählt.
Im beschaulichen Villa de Pombas endet die Wanderung. Mangels Wanderrouten zwingt uns ein Sammeltaxi zur Weiterfahrt nach Ponta do Sol.
Santo Antao - Wanderung von Ponta do Sol nach Cruzinha da Garca
Entlang der steil ins Meer abfallenden Küste folgen wir der spektakulärsten wie populärste Wanderung in das Fischerdorf Cruzinha.
In ständigem auf und ab schlängelt sich ein Pflastersteinweg der Steilküste entlang. Das wirklich Schöne für uns, sind jedoch die wenigen, fast isolierten Dörfer am Weg, welche durch den zunehmenden Wandertourismus aus ihrem trostlosen Dasein geholt werden. Den Bewohnern bietet sich eine Perspektive, trotz dem harten Alltag in der Abgeschiedenheit.
Santo Antao - Wanderung von Cruzinha da Garca nach Boca de Coruja
Vom ärmlich anmutenden Fischerdorf Cruzinha führt die Wanderung wieder weg von der Küste ins ansehnliche Cha de Igreja.
Die weitere Wanderung folgt nun einem trockenes Flussbett aus dem Dorf heraus und steigt bald für längere Zeit bergan. Ausgedorrte Terrassenfelder prägen die Gegend, Passatwolken lassen sich hier selten sehen. Ein letzter anstrengender Serpentinenweg, dann ist die Passhöhe erreicht.
Zu beiden Seiten bietet sich ein schöner Ausblick, zurück zur Küste und ins vor uns liegende Tal Ribeira Grande. Im Ort Boca de Ambas endet die beschriebene Wanderung, wir setzten unseren Weg durch ein ausgetrockneten Flusslauf noch ein paar Kilometer fort, bis wir mit dem Hotel „Pedracien“ die einzige Herberge im Tal erreichen.
Santo Antao - Wanderung von Boca de Coruja nach Espongeiro
Im Ort Coculi zweigt der Weg von der Straße ab, folgt einer Pflasterstraße ein sehr dicht bebautes Tal hinauf.
Es ist später Vormittag und für die ersten Kinder schon wieder Schulschluss. Gemeinsam stapfen sie mit uns zu ihren entlegenen Dörfern in den Bergen, amüsieren sich köstlich und veralbern uns wohl auch ein wenig. Noch immer scheint ein Rucksackbepackter Wanderer ein seltener Anblick zu sein. Leider werden wir auch erstmals von Kindern angebettelt, Stifte und natürlich Geld möchte man haben. Wir hätten gerne einen Kaffee oder eine Kleinigkeit zu Essen. Diese Möglichkeit der Einnahmequelle durch vorbeiziehende Wanderer hat man jedoch noch nicht erkannt.
Mit dem letzten Haus wird es einsamer. Der Weg ist nur noch ein schmaler Pfad und windet sich in steilen Serpentinen zum Pass Cha de Pedra hinauf.
Der Ausblick bleibt uns leider verborgen. Mal wieder hängen dicke Wolken im Tal, es nieselt und noch dazu ist es wirklich kalt.
Bei besserem Wetter ist es eine beeindruckende Wanderung, so sind wir froh das Bergdorf Espongeiro zu erreichen, haben Glück und bekommen bei Alan dem Franzosen das letzte freie Zimmer.
Savanenlandschaft auf Santiago
Eisvogel
Die Bucht von Tarrafal auf Santiago
Die Insel Santiago
Schnell fällt auf, die Insel Santiago wirkt ärmer, und vor allem sehr viel mehr afrikanisch.
In Assomada fühlen wir uns als ob in einem anderen Land gestrandet. Die Stadt in den Bergen kann sich nicht gerade als hübsch betrachten, jedoch äußerst lebhaft und angenehm. Interessantes findet man außerhalb des Zentrums. Ein kleiner Spaziergang führt durch die Vororte in ein wasserreiches, grünes Tal. Versteckt zwischen Palmen und Zuckerrohr findet sich eine sehr primitive Grogue-Brennerei. Ochsen pressen das Zuckerrohr, die Technik zum Brennvorgang wirkt abenteuerich. Wir erstehen eine Flasche zweifelhaften Destillat, nicht ganz billig, aber hier als direkte Entwicklungshilfe zu verstehen.
Einige Meter weiter reckt ein riesiger Kapokbaum seine fünfhundertjahre alten Äste in den kapverdischen Himmel, gepflanzt von den ersten Siedlern dieser Insel.
Noch einmal wollen wir Wandern. Im unscheinbaren Ort Fundura verlassen wir das Aluguer, suchen den weiteren Weg zur Küste nach Ribeira da Prata.
Der Weg erweist sich als asphaltierte Straße, bringt uns aus dem Dorf hinaus und bald zu einen kleinen Canyon. Einheimischen beäugen uns, ein seltsames Gefühl, so anders als auf Santo Antao.
Immer wieder Sand siebende zerlumpte Gestallten am Straßenrand und in Flussbetten. Man bettelt uns an, beobachtet argwöhnisch. Von einem Felsüberstand fliegt ein Brocken auf uns herab, verfehlt sein Ziel nur knapp. Es ist offensichtlich was es mit dem Steinwurf auf sich hat und setzen dennoch den Weg fort. Ein mulmiges Gefühl bleibt dabei.
Es war der einzige Vorfall auf dem einsamen Weg bis Ribeira da Prata. In den Dörfern lächeln die meisten Bewohner wieder wie gewohnt, dennoch sind wir erleichtert die Wanderung hinter uns zu bringen.
Unter dem Eindruck der Ereignisse verzichten wir auf weitere Wanderungen, eine organisierte Tour stellt keine Alternative. Dennoch erleben wir die Insel als angenehm, verbringen einige ruhige Tage im schönen Tarrafal und zum Abschluss auch noch in der beschaulichen Hauptstadt Praia.